Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für GKV-Versicherte auch durch Privatärzte möglich

Hamburg/Berlin, Mai 2020: Immer wieder gibt es rechtliche Unsicherheiten bei Patienten, Arbeitgebern und Krankenkassen, wenn GKV-Versicherte von ihrem Recht auf freie Arztwahl Gebrauch machen und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Privatärzten vorlegen.
Mit Einführung der elektronischen AU-Bescheinigung (eAU) stellt sich die Frage erneut.
Georgia Kösters-Menzel, Geschäftsführerin der Managementgesellschaft des DZVhÄ führt aus: „Deshalb brauchte es eine fundierte Klärung der Sachlage, auch um wieder einen weiteren Stein auf dem Weg zu einer möglichen Beteiligung von Privatärzten an der GKV-Versorgung mit Homöopathie aus dem Weg zu räumen.“

Privatärzte können gesetzlich versicherte Arbeitnehmer krankschreiben

So das Ergebnis der rechtlichen Stellungnahme. Die AU-Bescheinigung des Privatarztes ist etwa für die Entgeltfortzahlung ausreichend und zweckmäßig, wenn sie die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalte aufweist (Name des Arbeitnehmers, Tatsache der AU, voraussichtliche Dauer der AU, ggf. Vermerk über Mitteilung an die Krankenkasse). Auch ist im Rahmen des Umlage- und Erstattungsverfahrens U1 bei Kleinbetrieben das Vorliegen einer vertragsärztlichen AU-Bescheinigung keine Voraussetzung für den Erstattungsanspruch des Arbeitgebers. Dasselbe gilt für den Anspruch des GKV-Versicherten auf Krankengeld. Im Sozialgesetzbuch (SGB) V heißt es, dass eine „ärztliche Feststellung der AU“ vorliegen muss. Das Gesetz, das allein maßgeblich ist für die Voraussetzungen und Umfang des Krankengeldanspruches, verlangt keine vertragsärztliche Bescheinigung. Diese Rechtsauffassung vertritt auch das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 10. Mai 2012 (B1 KR 20/11 R). Auch gibt es zwei neue Urteile von Landessozialgerichten, die bestätigen, dass die ärztliche Bescheinigung nicht von einem Vertragsarzt und nicht auf dem KBV-Musterformular ausgestellt werden muss. Die Urteile werden in der Stellungnahme zitiert.

Die Bescheinigung gemäß dem Vordruck 1 (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Vertragsärzte) der Mustersammlung der KBV bleibt den vertrags- bzw. kassenärztlich zugelassenen Ärzten vorbehalten, jedoch können auch andere Vordrucke verwendet werden, beispielsweise der „Gelbe Schein“ (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Privatärzte, A5, 3-fach, SD) aus dem Jüngling-Verlag – dies ist ein Fachverlag für Behördenformulare.

Bei der Einführung der elektronischen AU-Bescheinigung (eAU) handelt es sich um Verfahrensvorschriften, die die Vertragsärzte betreffen. Die materiell-rechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall werden dadurch nicht geändert. D.h., dass trotz Einführung der eAU die formlose AU-Bescheinigung durch einen Privatarzt weiterhin möglich bleibt.

Informieren Sie Ihre GKV-Patienten

Gesetzlich Versicherte sollten von ihrem Arzt darüber informiert werden, dass ihre Krankenkassen die Kosten für die Ausstellung einer AU-Bescheinigung durch einen Privatarzt nicht übernimmt. Auch sollten Privatärzte im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Aufklärungspflicht ihre Patienten darauf hinweisen, dass im Falle einer privatärztlichen AU-Bescheinigung eventuell mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) gerechnet werden kann, was ggf. eine längere Bearbeitung des Antrags zur Folge hätte.

Der DZVhÄ, als Berufsverband der homöopathischen Ärzte, wird eine weitere Abklärung der Positionen hinsichtlich dieser praktischen Hürden mit der Bundesärztekammer anstreben.

Hinweis:

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