Gerhard Bleul (†): Adieu, Kollege und Freund!

Gerhard Bleul (†): Adieu, Kollege und Freund!

Der viel zu frühe Tod unseres hoch geschätzten Kollegen Gerhard Bleul hat uns alle tief erschüttert und einmal mehr vor Augen geführt, wie vergänglich unser Dasein ist. Bleibendes und weit über den Tag hinaus Wirkendes hat Gerhard Bleul indessen mit seinem Engagement für die Homöopathie geschaffen.

Zwei, die ihm eng verbunden waren, habe ich um Worte der Würdigung gebeten: Den langjährigen Vorsitzenden unseres Verbandes, Karl Wilhelm Steuernagel: Er war dem Verstorbenen nicht nur beruflich, sondern auch persönlich eng verbunden und hat als Freund auch am Grab gesprochen. Und den Inhaber der Homöopathischen Buchhandlung in Berlin, Bernd Henne: Er erinnert sich an Begegnungen mit Gerhard Bleul am Rande homöopathischer Kongresse und Veranstaltungen und zeichnet ein so treffliches, wie bewegendes und sehr persönliches Portrait.

Der Deutsche Zentralverband homöopathischer Ärzte wird Gerhard Bleul stets ein ehrendes Gedenken wahren. Seine Verdienste bleiben unvergessen. Wir sind ihm in tiefer Dankbarkeit verbunden. Ruhe in Frieden, lieber Gerhard!

Die Homöopathie ist die intelligenteste Form der Medizin, die ich kenne: Minimaler Impuls mit maximaler Wirkung unter Achtung der Souveränität des Individuums.“ (Gerhard Bleul)


Nachruf Gerhard Bleul
Von Karl-Wilhelm Steuernagel


Gerhard Bleul ist am 3. Juni 2020 von uns gegangen.
Im Namen aller seiner Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte und seines Vorstands möchten wir Ihnen, liebe Familienmitglieder, unser tief empfundenes Mitgefühl zum Ausdruck bringen.

Es sei noch einmal an Gerhard erinnert:

Die Homöopathie hat ihm am Herzen gelegen – als Arzt, als Lehrer, als Forschender, als Schriftleiter und Autor – wie als ehrenamtliches Mitglied des Vorstands unseres Berufsverbands. In alle damit verbundenen vielfältigen Aktivitäten brachte er seine Liebe zu unserer Heilweise ein – und sie trug reichlich Früchte. Alle diese aufzuzählen ist fast unmöglich, aber einige seien hier festgehalten:

Seit 1986 war er in eigener Praxis als Arzt für seine Patienten ein erfolgreicher Helfender und geduldiger Ratgeber. Seit 1999 leitete er die Weiterbildungskurse in Wiesbaden-Naurod und war Herausgeber der Buchreihe „Weiterbildung Homöopathie“. Seit 2002 war er Mitglied der Schriftleitung der „Allgemeinen Homöopathischen Zeitung“. Er veröffentlichte dortselbst viele Artikel von erinnerungswürdiger Qualität.

Er war lange Jahre Mitglied des Vorstands des DZVhÄ, zunächst im Landesverband Hessen-Rheinland/Pfalz-Saarland, von 1997 – 2003 im Bundesvorstand. Er war einer der Initiatoren der Gründung der „Homöopathie-Stiftung“ und Gründungsmitglied der „Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie“ (WissHom).

Er konnte Konsens stiften – mit Fleiß, Beharrlichkeit, guten Argumenten und der Gabe des Hin-hörens…

Sein freundliches, liebenswertes Naturell, sein Humor, sein Klavierspiel und sein Gemeinsinn bleiben in lebhafter Erinnerung.

Seine Offenheit gegenüber anderen Meinungen war bemerkenswert. „Wie bist Du zu der Ansicht gekommen? Wohin hat sie Dich geführt? Wie haben deine Patienten davon profitiert?“ Das waren typische Fragen die Gerhard stellte bevor er sich sein Bild formte.

Er konnte aber auch Unterschiedlichkeiten ertragen und mittragen. Um das besonders zu würdigen, will ich es kurz näher erläutern: In den Jahren gemeinsamer Verantwortung im Vorstand kam es durchaus gelegentlich vor, dass Gerhard mit seinen Argumenten nicht alle Teilnehmer überzeugen konnte. Zugegeben – nicht sehr oft.
Ausdruck seiner zutiefst empfundenen Verantwortung dem von den Mitgliedern gegebenen Auftrag gegenüber als gewähltes Mitglied des Vorstands Entscheidungen vorzubereiten, aber eben auch zu treffen, zögerte er niemals auch nur eine Minute, sich für die getroffenen Entscheidungen mit allen seinen Kräften einzusetzen – und das ohne Vorbehalt…

Dieses zutiefst demokratische Verständnis und loyale Verhalten darf uns erfreuen und anspornen, es ihm gleich zu tun!

Danke Dir Gerhard für alles, was Du für uns getan hast!

Karl-Wilhelm Steuernagel
vormals
Erster Vorsitzender des DZVhÄ


Nachruf Gerhard Bleul
Von Bernd Henne


Ein freundlicher Mensch – Ein Freund der Homöopathie

Es war bei den A-F Kursen in Wiesbaden, vor etwa 20 Jahren, am Ende eines Kurstages. Ich hatte meinen ersten großen Büchertisch gemacht und sah einen Referenten schwer bepackt aus dem Seminarraum kommen. Mit einem Stapel Bücher unter dem einen Arm und einem Packen Skripte unter dem anderen, schob er noch einen Rollwagen mit Kisten, die von einem Seminarraum zum anderen mussten.

Sein freundlicher und milder, zugleich neugieriger Blick überraschte, ja, irritierte mich sogar ein wenig. Doch ist es genau dieser Blick, an den ich mich immer wieder gern erinnern werde. Ein Blick, der nicht von Stimmungen und Meinungen abhängig, sondern Ausdruck einer Wesensart war. Ein mildes, manchmal ironisches Lächeln, das eine Sympathie erweckte, die nie enttäuscht wurde.

Geduldig legte er sein schweres Unterrichtsmaterial wieder ab, kam auf mich zu, begrüßte mich, blätterte sofort in einem Fachbuch aus meinem Sortiment und stellte sich vor: Gerhard Bleul.

Er war Kursleiter, Hauptreferent, Autor – eine wirkliche Koryphäe der Homöopathie, aber er machte kein Aufhebens davon. Er war Dienender einer Sache, der er sich so leidenschaftlich wie besonnen und redlich verschrieben hatte – ein viel zu kurzes Leben lang.

Auf meine Frage, wo er am Abend, nach vielen Stunden des Unterrichtens noch die Kraft her nähme für weitere Gespräche und Organisationsaufgaben, lächelte er und sagte, dass ihn das Unterrichten nicht sonderlich anstrenge, sondern, auch zu seinem eigenen Erstaunen, eher belebe.

Seine Begeisterung für die Homöopathie schaffte eine besondere Atmosphäre in den Weiterbildungskursen, die er gab. Die Aufgeschlossenheit und Wissbegierigkeit mit der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seiner Kurse in den Pausen an den Büchertisch kamen und dort über die vielen Fragen zur Homöopathie weiterdiskutierten, war eine besondere.

Man spürte förmlich, wie es ihm gelang eine Lernatmosphäre zu schaffen, in der offene Fragen Anregung waren und Lust auf mehr machten. Eine Gabe, die Gerhard Bleul nicht nur selbst verkörperte, sondern, über viele Jahre und doch viel zu früh und jäh beendet, auch seinem Team an Dozenten in Wiesbaden weitergab.

Es konnte vorkommen, dass er an einem geselligen Kursabend seine Gitarre zur Hand nahm und bekannte Melodien mit eigenen Arzneimitteltexten verband und zum Mitsingen einlud. Seiner lockeren offenen Art war nicht zu widerstehen. Wir sangen mit und lernten, dank Gerhard Bleul, auch die musische Seite von Belladonna & Co. kennen und schätzen.

Was für ein Glück für alle homöopathisch Interessierten, dass Gerhard Bleul sein enormes Wissen und sein didaktisches Geschick in der Weiterbildung auch als Autor zahlreicher Bücher festhielt. Werke mit einem zeitgemäßen und zukunftsweisenden Blick auf die Homöopathie. Besondere Bücher, auf die er in seinen eigenen Kursen nur zögerlich verwies, stattdessen andere Autoren empfahl.

Er wusste, was er konnte, aber er blieb zurückhaltend und bescheiden. Unter den Lehrern war er ein Großer, aber wer mit ihm sprach, fühlte sich niemals klein. Er sorgte für Augenhöhe in jedem Dialog und verwechselte niemals seine ärztliche Autorität mit seiner persönlichen. Auch das unterschied ihn von jenen innerhalb der Ärzteschaft, denen es schwerfällt, den weißen Kittel nach der Sprechstunde abzulegen.

In seinen zahlreichen Ämtern und seinem beharrlichen Engagement für die Homöopathie hat Gerhard Bleul sehr früh und sehr deutlich die Herausforderungen der Zeit gesehen. Es mag ein Grund für das Engagement gewesen sein, mit dem er die Weiterbildung Homöopathie über Jahre hinweg mit entwickelt, viele junge Ärzte für die Homöopathie in den A-F Kursen begeistert und mit Gründung der WissHom ein wichtiges Instrument für den notwendigen wissenschaftlichen Diskurs geschaffen hat.

Ihm war klar, dass die aktuellen Herausforderungen der Homöopathie nur gemeinsam und in einem offenen internen wie externen Dialog zu meistern sind.

Von Krankheit bereits gezeichnet, rief er unter dem Dach der WissHom eine Arbeitsgruppe mit ins Leben (online Lexikon), die wesentliche Begriffe der Homöopathie statt autoritär zu definieren, auf dem Weg eines internen wie öffentlichen Diskurses klären und präzisieren will, um so die beinahe babylonische Sprachverwirrung innerhalb der Homöopathie zu überwinden.

Ein großes Projekt, das er initiieren, aber nicht mehr vollenden konnte. Ein Kapitel in der Homöopathie-Geschichte, das allein nicht zu schreiben war, stattdessen, per definitionem viele Mitstreiter braucht. Er hat den Boden dafür bereitet und, immerhin, das Fundament noch gelegt. Nun ist es an uns, in seinem Sinne weiterzuführen, was er begann.

Vielen Dank Gerhard Bleul.

Bernd Henne