Aus der Veterinärmedizin: Übertragung von SARS-CoV-2 auf Tiere

Aus der Veterinärmedizin: Übertragung von SARS-CoV-2 auf Tiere

Seit dem Auftauchen des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) und dem Beginn der weltweiten Pandemie, besteht die Sorge hinsichtlich eines Wirtswechsels zwischen Menschen und Tieren. Schließlich ist schon lange bekannt, dass diverse Coronaviren bei unseren Haus- und Nutztieren zu schweren Erkrankungen führen können – wie steht es da mit einer Übertragung von SARS-CoV-2  zwischen Menschen und Tieren im Sinne einer Zoonose?

Folgendes ist bisher bekannt:

Es gibt bisher zwei beschriebene Fälle einer natürlichen Übertragung des neuartigen Coronavirus auf Haustiere. Der erste Fall stammt aus Belgien und betrifft eine Katze, die asymptomatisch erkrankt ist. Der zweite beschriebene Fall betrifft zwei Hunde in Hongkong, mit wahrscheinlich geringer Viruslast, wobei einer davon mittlerweile altersbedingt verstorben ist. Ein dritter Fall ging durch die Presse – es handelt sich dabei um den Tiger aus dem New Yorker Zoo, einem Wildtier also, der positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde und einen trockenen Husten zeigte. Weitere Tests ergaben, dass auch andere Großkatzen im selben Zoo positiv waren. Wahrscheinlich haben sie sich bei einem Wärter angesteckt, der das Virus asymptomatisch in sich trug. Diese Fälle von natürlichem Wirtswechsels gaben Grund zur Sorge, dass das neuartige Coronavirus auch Haus- und Nutztiere infizieren könnte und sie somit zu „Virenschleudern“ für den Menschen werden. Anzumerken ist auch, dass es bei dem angewendeten Test im Zoo durchaus passiert sein kann, dass es gar keine CoV-2 Infektion war, sondern eine Kreuzreaktion mit Corona-Viren die viele Katzen einfach in sich tragen und die für Menschen völlig ungefährlich sind.

Eine chinesische Arbeitsgruppe (Jianzhong et al.2020) versucht, dieser Frage auf den Grund zu gehen. In Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Löffler-Institut (FLI) konnte sie SARS-CoV-2 experimentell auf Katzen und Frettchen übertragen. Nutztiere wie Rinder, Schweine oder Nutzgeflügel erwiesen sich als unempfänglich. Bei Hunden ist eine transiente Magen-Darm-Infektion möglich, in anderen Geweben wurde jedoch kein Virus nachgewiesen.

Katzen haben das Virus in einzelnen Fällen auf andere Katzen übertragen. Auch eine Übertragung von Katzen auf Frettchen scheint möglich. Ob diese Tiere das Virus auch auf Menschen übertragen können, ist unklar. Obwohl die Struktur der Lungenalveolen von Frettchen der des Menschen ähneln, scheint eine Übertragung nach jetzigem Stand der Forschung nicht möglich. Außerdem scheint die ausgeschiedene Erregermenge nicht hoch genug zu sein, um einen Menschen ernsthaft zu gefährden. Interessant ist, dass auch eine Übertragung zwischen Menschen und Schweinen nicht möglich zu sein scheint, obwohl hier sogar die entsprechenden Rezeptoren in den Lungenalveolen, an denen das Virus andockt, nahezu identisch sind. Es wird vermutet, dass eventuell auf Zellebene ein Mechanismus fehlt, der für die Übertragung essenziell ist, aber genaueres bleibt zum jetzigen Zeitpunkt ungeklärt.

Zusammengefasst kann man sagen:

Katzen und Frettchen stehen im Fokus der Forschung hinsichtlich eines möglichen Wirtswechsels, da sie empfänglich für SARS-CoV-2 sind, Artgenossen durch Tröpfcheninfektion anstecken können, selbst aber nur mild erkranken.

Infizierte Menschen können nach jetzigem Kenntnisstand ihre im Haushalt lebenden Katzen  und Frettchen anstecken, eine infizierte Katze oder ein infiziertes Frettchen scheinen aber Menschen nicht anstecken zu können. Es besteht also kein Risiko bei Katzen- oder Frettchenhaltung.

Nach Bewertung des derzeitigen Kenntnisstandes, kann man guten Gewissens sagen, dass Klein- und Nutztiere keine relevanten Reservoire für SARS-CoV-2 bilden!

Die Empfehlungen des Friedrich-Löffler-Instituts für die Haustiere von sich bereits in Quarantäne befindlichen Personen sind folgende:

  • Es ist vorläufig keine besonderen Maßnahmen, wie beispielsweise Isolation von Hunden, Katzen oder Frettchen notwendig.
  • Jedoch sollte man allgemeine Hygieneregeln einhalten, sehr engen Kontakt mit dem Tier meiden und es ggf. durch Dritte betreuen lassen.
  • Symptomatische Tiere können im Einzelfall getestet werden. Dies dient einzig dazu, Informationen über Ansteckungsszenarien zu gewinnen.
  • Katzen aus Quarantänehaushalten sollten keinen Kontakt zu anderen Katzen haben, also nicht in Katzenpensionen untergebracht werden; „Freigänger“ sollten für die Dauer der Quarantäne nicht nach draußen gelassen werden.
  • Es besteht kein Anlass, Haustiere vorsorglich in Tierheimen abzugeben!
  • Ein Haustier, welches positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden ist, muss nicht eingeschläfert werden!

Quellen:
– Moenning, V.: Coronaviren bei Klein- und Nutztieren und SARS-CoV-2;
Webinar der Nutztierakademie von Bayer, 08.04.2020
– SynlabVet News: SARS-CoV-2: Update für die Veterinärmedizin;
Stand 07.04.2020

Weitere Informationen zum aktuellen Stand der Forschung, sind auf der Website des Friedrich-Löffler-Instituts einzusehen.
https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/coronavirus/

Dr. med. vet. Brigitte Hentschel
Projektleiterin Veterinärmediziner*innen des DZVhÄ
https://www.tierarztpraxis-hentschel.de/

Foto: iStock.com/FamVeld