LMHI: Keine voreiligen Empfehlungen bei Covid-19!
Nach der Positionierung des DZVhÄ hat sich nun auch das Exekutiv-Komitee der Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis (LMHI) mit einer differenzierten Stellungnahme zur Frage einer möglichen Behandlung von Covid-19-Erkrankungen an ihre Mitglieder und die Öffentlichkeit gewandt.
Darin betont die LMHI ihr Bedauern darüber, dass die Homöopathie, ungeachtet ihres nachweisbar großen Beitrags zur Bekämpfung früherer Pandemien, in der aktuellen Situation von der konventionellen Medizin so komplett ignoriert werde, und das allein „because of obstinate adherence to an intransigent materialistic and biased theory“.
Zugleich warnt die LMHI eindringlich vor übereilten Schlussfolgerungen, Heilungsversprechen oder gar pauschalen Empfehlungen für mögliche homöopathische Mittel gegen Covid-19. Noch fehlten valide, wissenschaftlich ausgewertete Daten über Krankheitsverläufe und über die Reaktion von Covid-19-Erkrankten auf einzelne, homöopathische Mittel:
“Though there are indications that some homeopathic medicines are often found to correspond to the symptoms of patients by the Covid-19, it is always important to approach each case without preconception in order to find the most suited medicine for the patients’ symptoms.”
Unter Verweis auf den italienischen Arzt Dr. Renzo Galassi, der seine eigene Erfahrung bei der homöopathischen Behandlung von Covid-19-Patienten mit den Erfahrungen von Kollegen in zahlreichen anderen Ländern rund um die Welt verglichen hat, zeichnen sich laut LMHI einige homöopathische Mittel ab, mit denen sich – auf der Grundlage intensiver, individueller Anamnese und ebenso individueller Anwendung – Covid-19-Erkrankungen, wie es scheine, erfolgreich behandeln ließen, immer vorausgesetzt, dass die Erkrankung noch nicht bis in die schwere Phase fortgeschritten sei.
Die LMHI ist die Dachorganisation homöopathischer Ärzte und deren Verbänden aus 76 Nationen. Sie hat ihren Sitz in Köthen (Sachsen-Anhalt).
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Eine noch unveröffentlichte Fallsammlung aus China stellt die Symptomatik von 14 Patienten mit moderatem Covid-19-Infektionsverlauf (ohne Pneumonie) vor.
Nach homöopathischer Auswertung (Repertorisation) zeichnet sich bei acht Fällen ein Bild ab, das stark den Arzneiprofilen von Gelsemium ähnelt, bei drei Fällen dem von Bryonia alba.
Aber die Fallsammlung verliert erheblich an Bedeutung, da sie keine Krankheitsverläufe vorstellt – und dies womöglich auch nicht kann, da bei milden Covid-19-Verläufen eine Tendenz zur spontanen Ausheilung vorherrschend ist.
Insofern ist muss diese Fallsammlung als eines von derzeit leider zahlreich kursierenden Beispielen schlecht dokumentierter Fallverläufe eingestuft werden, die allesamt nicht für eine solide Auswertung taugen.
Angesichts der geringen Anzahl gut dokumentierter Covid-19 Fälle ist zu befürchten, dass ein erheblicher Teil an medizinischer Praxiserfahrung „verpufft“, der, bei besserer Dokumentation und entsprechender Analyse durch homöopathischen Ärzte, wichtige, womöglich sogar entscheidende Fortschritte für eine Covid-19 Behandlung geben könnte.
Die Suche nach einem „Genius epidemicus“ erscheint deshalb insofern allein schon auf Grund der schwachen Datenlage als eine unrealistische Idee. Weitere Gründe dafür, dass die Theorie von einem „Genius epidemicus“ für die Behandlung von Covid-19 mit hoher Wahrscheinlichkeit verworfen werden muss, nennt Dr. Wolfgang Springer im Gespräch mit dieser Ausgabe von „Ärztliche Homöopathie“ (siehe oben, Beitrag 2 dieses Newsletters).
Foto: Logo LMHI: http://www.lmhi.org/