Studie: Gemeinsame Impfberatung durch „konventionelle“ und integrativmedizinische Ärzte
Eine bemerkenswerte Studie zur Zusammenarbeit komplementärmedizinisch tätiger Ärzte und sogenannter „konventionell tätiger“ Ärzte hat jüngst die UNION Schweizerischer Komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen veröffentlicht.
(Als Dachverband vereinigt die UNION über 1000 Ärztinnen und Ärzte, die zusätzlich zu ihrer konventionellen Facharztausbildung eine Weiterbildung in Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophisch erweiterter Medizin oder Traditioneller Chinesischer Medizin absolviert haben. Mehr zum Verband: https://www.unioncomed.ch/ )
Schweiz: Besondere Rolle der Komplementärmedizin
In der Schweiz ist die Integrative Medizin im Gesundheitssystem fest etabliert und bei den Patienten sehr beliebt. Gesamtgesellschaftlich kommt den komplementärmedizinisch tätigen Ärzten dadurch eine erheblich bedeutendere Rolle bei der Impfberatung zu als, zum Beispiel, in Deutschland.
Ihre spezifischen Sichtweisen zum Thema Impfen finden bisher jedoch in den Übersichtsartikeln für Allgemeinmediziner kaum Berücksichtigung.
Gemeinsame Impfberatung
Ziel der Untersuchung, deren Studie nun vorgelegt wurde, war es, in Zusammenarbeit mit komplementärmedizinisch tätigen Ärzten, allgemeine Empfehlungen und Kommunikationsstrategien für die Erstellung von Übersichtsartikel zum Thema Impfen zu entwickeln, um insbesondere auch impfkritische Ärzte für die Lektüre der Übersichtsartikel zu einzelnen Impfungen zu motivieren und umfassend zu informieren. Zum Zweck der Studie hat man sich beispielhaft auf die HPV-Impfung konzentriert.
Konkret wurden zwei Übersichtsartikel zur HPV Impfung für Allgemeinärzte von 4 komplementärmedizinisch tätigen Ärzten als Co-Autoren begleitet. Die aus dieser Zusammenarbeit entwickelten Empfehlungen und Kommunikationsstrategien für die Erstellung von Übersichtsartikel zu einzelnen Impfungen lassen sich wie folgt zusammenfassen.
- Autoren: Vorzugsweise Praktische Ärzte, unabhängig von Gesundheitsinstitutionen (z.B. Impfkommission)
- Zielpublikum: Ärzte, die unentschlossen sind (eher impfkritisch)
Das häufigste Vorurteil von Impfskeptikern: „Die Gesundheitsinstitutionen sind beeinflusst von den Impfstoffherstellern.“ - Aufbau und Inhalt
1. Schritt: Detaillierte Hintergrundinformationen über die jeweilige Infektionskrankheit
2. Schritt: Sicherheit, Wirksamkeit von Impfungen
3. Diskussion Immunisierung – Impfstoff versus natürliche Erkrankung - Vermeidung ‚absoluter‘ Aussagen, die die Impfung eindeutig befürworten, wie z.B. Kategorische Wiederholungen über die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung
- Hinweise auf eine freie individuelle Impfentscheidung der Patienten
- Sprache: Präzise und differenziert (nuanciert), keine Allgemeinaussagen zum „Impfen“
- Sicherheit der Impfung als wichtiges Thema berücksichtigen
- Diskussion: Nebenwirkungen, kritische Publikationen erwähnen, Impffolgen etc.
- Hinweis auf den Arbeitsaufwand, der für eine gut informierte Impfentscheidung des Patienten aufgebracht werden muss.
- Hinweis auf die Kosten der Impfung (von der Entwicklung bis zur Anwendung in der Praxis)
Eindrucksvoll zeigt das Projekt und sein Ergebnis in Form der beiden erstellten Artikel, dass, zum Einen, eine Zusammenarbeit der beiden medizinischen Fachrichtungen durchaus sehr konstruktiv und harmonisch funktionieren kann. Zum anderen die Mitwirkung komplementärmedizinischer Ärzte bei der Erstellung von Übersichtsartikeln zum Thema Impfungen äußerst interessante Differenzierungen ergibt für die Impfberatung der Patienten.
Die gesamte Publikation können Sie hier nachlesen (pdf)
Literatur:
Journal of Clinical Medicine 2020, 9, 592; doi:10.3390/jcm9020592
Collaborating with Complementary and Alternative Medicine (CAM) Providers when writing HPV Vaccine Review Articles
Michael J. Deml , Léna G. Dietrich, BernhardWingeier, Gisela Etter, Caesar Gallmann, Christoph Berger , L. Suzanne Suggs, Benedikt M. Huber and Philip E. Tarr
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